displacer 2010

DISPLACER – EXPO Shanghai

Der französische Theoretiker Henri Lefebvre führte in seiner berühmten Untersuchung der Produktion des Raumes drei zueinander in dynamischer Beziehung stehende Kategorien ein: den wahrgenommenen Raum; den vorgestellten Raum und den gelebten Raum. Raum wird hier als sozial produziertes Phänomen begriffen das sich zu gleichen Teilen daraus ergibt wie Menschen Raum wahrnehmen, wie sie ihn konzeptuell verarbeiten und wie sie ihn in ihrer alltäglichen Praxis erleben und produzieren. Die Arbeit DISPLACER lässt sich im Zentrum dieser unterschiedlichen Flexionen des Räumlichen verorten. Durch die physisch-materielle Präsenz der Glasfaserkabel, deren Anordnung im Raum auf der Basis von Algorithmen, welche dynamische physikalische Prozesse beschreiben (etwa Wind, Wasser), ermittelt wurde, wird eine erste Ebene des physisch wahrnehmbaren Raumes hergestellt. Hier ist allerdings wesentlich, dass diese Art der Konstellation sich dynamisch in die räumlichen Gegebenheiten des Expo Pavillons einfügt und der Künstler sich damit einem traditionellen skulpturalen Verständnis der entzieht. Vielmehr tritt die Arbeit dadurch in einen Austausch mit jenen Feldern der Gegenwartsarchitektur die algorithmische Prozesse als Ausgangspunkt für Formgebung untersuchen.

Eine zweite Ebene des Räumlichen entsteht dadurch, dass Biedermann den DISPLACER verwendet um Farb und Formfragmente der Architektur des Expo Pavillons derart an die Wände zu projizieren, dass permanent wechselnde Verbindungen der architektonischen Hülle und dem Innenraum entstehen. In diesem Sinne können wir hier von vorgestelltem, konzipiertem Raum sprechen, der die architektonische Formensprache aufnimmt, dekonstruiert und in eine permutative Bewegung versetzt die sich keiner fixierten Perspektive verschreibt. Für die Betrachter_innen fügen sich diese beiden Ebenen zu einer eigenständigen gelebten Erfahrung des Raumes zusammen. Medienraum und Realraum werden auf eine Weise verschränkt die jenseits des visuellen, haptischen Erlebens, Fragen nach den Transformationen gegenwärtiger Bedingungen der Produktion von (Lebens)räumen in den Fokus rücken. Der DISPLACER ist also einerseits eine analoge Anordnung, die anhand von Tentakeln physisch in den Raum eindringen kann. Dort werden dann andererseits digitale Bildfragmente, die virale Spuren in der Wahrnehmung hinterlassen, verteilt.

Axel Stockburger 2010


DISPLACER – EXPO Shanghai

The French theorist Henri Lefebvre has introduced three distinct categories of spatiality in his famous work “The Production of Space”, that are dynamically interconnected with each other: perceived space, conceived space and lived space. He understood space first and foremost as a socially produced phenomenon that emerges from how human beings perceive physical space, how they transform it conceptually and how they habitually produce and live within it. The installation DISPLACER positions itself at the center of this triad of spatiality.The physical presence of the fiber optical cables themselves, whose precise placement is reached according to algorithms that describe physical processes such as wind, water or wave movements introduces the first level of physical perceived space. It is important to note that the installation reacts dynamically to the architectural setting of the Expo Pavillon and thus manages to reach beyond a traditional understanding of sculpture. In this sense the work establishes a dialogue with the algorithmic processes that provide the formal structure of the Architecture it is housed within.

A second order of spatiality is generated when Biedermann adapts and deconstructs the colors and formal elements of the architecture and projects them back into the space, leading to a permanent oscillation between inside and outside. The projections reconstruct a purely conceived space consisting of a perpetual shifting between perspectives without ever settling into a fixed constellation. For the viewer these two areas are transformed into a unique spatial experience that combines physical and mediated space and points towards the contemporary transformation of human habitation. In this sense the DISPLACER is an analog device that deploys its tentacles in order to physically penetrate into spaces where the digital fragments of visual information are injected and scattered, thereby planting their viral traces in the viewers perception.

Axel Stockburger 2010

Mixed Media, PMMA Fasern, Lichtprojektor Kooperation Zumtobel
5,0 x 4,0 x 5,0

Installation Displacer Zumtobel Dornbirn 2009- Friedrich Biedermann