lightdigger 2016

 

„lightdigger“ Text Markus Hafner

„Stelle Dir Menschen in einer unterirdischen Wohnung vor, und längs der ganzen Höhle zöge sich eine Öffnung zum Licht. Menschen, die von Kindheit an dort gewesen und an Schenkeln und Hälsen in Fesseln gebunden sind, so daß sie dort unbeweglich sitzen müssen und nur nach vorne geradeaus schauen können, aber links und rechts die Köpfe wegen der Fesselung nicht umzudrehen vermögen; das Licht kommt von oben und aus der Ferne von einem Feuer hinter ihnen; zwischen dem Feuer und den Gefesselten sei oben ein Querweg; längs diesem denke dir eine kleine Mauer erbaut, wie sie die Gaukler vor dem Publikum haben, über die sie ihre Wunder zeigen.“ Der Staat (Politeia); Platon

Das Gleichnis nach Platon als Rucksack für den gegenwärtigen Deterritorialisten und digitalen Nomaden, ob zum Überstülpen als uraltes Gleichnis, oder als Accessory für eine fluide Zeit und die ihr folgenden Funktionen von Wahrnehmung und Kunst…? Gerade in einem Zeitalter in dem virtual reality, scripted reality und Postfaktizität ihre Schnittmenge in den täglichen Abendnachrichten finden, ist die Position von Friedrich Biedermann ein Archetypus der Klarheit und direkten Erfahrbarkeit, ist diese Arbeit eben kein Ausserirdischer wie in HalfLife2 der Bioadapter-ähnlich übergestülpt wird und Matrix geprüfte Zombies erzeugt oder ein sonst wie unnötig elektrisch-digitales Ding, welches an Kabeln und Steckdosen hängend nur in seinem Surrogat aus Wohnzimmer und Petrischale der konservierten Räume existieren kann

Nein, das Kunstwerk ist ein Rucksack, der Kompagnon, der Begleiter, der die Erfahrung unterwegs verändert.

Oder um wieder auf Platos Staat zu referenzieren, die mobile Fessel ist es, die die flexible Jetztzeit symbolisiert und die Aufrechterhaltung der Hegemonie gestattet, von den Eltern genauso missbraucht, wie von ihren Kindern – trägt doch Jede/r – alt wie jung – ihr/sein Tool zur Überwachung heute schon freiwillig ab dem Kindergarten mit, überspitzt formuliert fehlt nun nur noch die bei der Geburt verpflichtend verordnete Emailadresse und der Cloud-account im Staatskonstrukt ihrer Wahl…. durch Geld segregiert.

Um nun wiederrum wegzukommen von der Polemik und vom politischen Konstrukt, welches den Ausführungen Platos zugrunde liegt – Inkludiert das Gleichnis doch hierbei das Sinnbild der sensorischen Wahrnehmung des Menschen, welches im Hintergrund mitschwingt, da die menschliche Realität, eine flirrend-oszillierende Linie zwischen trügerischer Arroganz von Fehlerlosigkeit und der mit den physikalischen Gegebenheiten der Sinnesorgane einhergehenden Illusion, darstellt, die automatisch Dinge voraussetzt und betrogen werden will. Diese Illusionen bietet die Kunst, womit wir wieder politisch sind, ist sie doch in ihrer Funktion eben auch immer repräsentativ am Machtapparat beteiligt, als Fata Morgana, als Versprechen auf Himmel im Diesseits, oder wie auch immer der jeweilige Begriff für Sie aussehen mag. Resultat ist eine Art umgekehrter – von Innen nach Aussen gestülpter Discokugel – in der es aussieht wie in einer Tropfsteinhöhle, in die Licht eindringt und – hin und wieder Betrachtende – in meditativer Kontemplation – welchen sie dann ein phantastisches Kaleidoskop aus Farben und Reflexionen ermöglicht.

Die Arbeit bezieht all das mit ein, und spielt mit den Illusionen, welche die Betrachtenden voraussetzen, dies beginnt schon beim Namen – Lightdigger – ruft nach dem Ende des Tunnels, wenn wieder Tageslicht leuchtet…fast so als ob leise im Hintergrund ein vielstimmiger Männerchor summen würde…

Brüder, zur Sonne, zur Freiheit
Brüder zum Lichte empor!
Hell aus dem dunklen Vergangnen
leuchtet die Zukunft hervor…